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"Frauen sollten sich auf den Sport konzentrieren können"

Im zweiten Teil des Interviews spricht Theresa Merk darüber, was dem Frauenfußball (noch) fehlt - und darüber, dass in der Schweiz Frauen bessere Chancen ...

Theresa Merk ist in dieser Saison Cheftrainerin der Frauen von Grasshoppers Zürich (GC). Zuvor war sie Co-Trainerin beim VfL Wolfsburg und gewann mit dem Team die Deutsche Meisterschaft, zwei Mal den DFB-Pokal und stand im Finale der UEFA Champions League. Ab der kommenden Saison übernimmt Theresa Merk die Frauen des SC Freiburg als Cheftrainerin in der Bundesliga. Ihre erste Trainerstation bei den Frauen war der TV Derendingen, mit dem sie in die Regionalliga aufstieg. Theresa wird bei der Podiumsdiskussion teinehmen. Im zweiten Teil des Interviews spricht Theresa Merk darüber, was dem Frauenfußball (noch) fehlt - und darüber, dass in der Schweiz Frauen bessere Chancen haben, in Führungspositionen im Männerfußball zu kommen.

Wie haben Sie die Voraussetzungen beim VfL Wolfsburg im Vergleich zu Ihren vorigen Stationen wahrgenommen?

Die kann man so nicht miteinander vergleichen. Der VfL Wolfsburg ist eine europäische Spitzenmannschaft. Die anderen Stationen waren Talentförderung im Verband oder Amateur- und Jugendfußball – auch wenn wir seinerzeit in der dritten Liga und Juniorinnen Bundesliga gespielt haben. Der VfL Wolfsburg hat VW im Rücken und ist eher wie ein Konzern strukturiert, das ist eine komplett andere Welt im Vergleich zum normalen Vereinsfußball.

Wie hoch ist der Level an Professionalität innerhalb der Frauen-Bundesliga?

Ich finde es sehr schade, dass nicht jede Spielerin in der Bundesliga unter ähnlich guten, professionellen Bedingungen trainieren kann. Klar gibt es auch bei den Männern Unterschiede zwischen Bayern München und Greuther Fürth. Aber die Basis an medizinischer Betreuung, regenerativen Maßnahmen und wettkampfgerechter Infrastruktur ist dort überall auf hohem Level.

Auch bei den Frauen sollte der Fokus für die Spielerinnen auf dem Sportlichen liegen können. Es sollte gewährleistet sein, dass sie sich voll auf den Sport konzentrieren können – auch wenn sie studieren oder jobben. Dabei geht es nicht um das Gender Pay Gap und darum, dass Frauen auch Millionen als Profifußballerinnen verdienen sollen, sondern darum, dass sie mit einem anständigen Gehalt ihren Lebensstandard sichern können. Sonst wird die Leistungsspanne unfassbar groß.

Immer mehr traditionelle Männer-Bundesligisten steigen jetzt auch im Frauenfußball ein. Wie finden Sie diese Entwicklung?

Ich finde sie gut. Es ist aus meiner Erfahrung heraus auch die einzige Basis, die den Frauenfußball nachhaltig voranbringt, denn sowohl der finanzielle als auch der infrastrukturelle Background sind bei den Männer- Bundesligisten vorhanden.

Diese Entwicklung wird dann vielleicht mit sich bringen, dass reine Frauenvereine nicht mehr mithalten können werden. Das ist für diese Vereine schade, für die Entwicklung des Frauenfußballs insgesamt ist es aber ein positives Zeichen, dass sich mit dem Wandel der Zeit andere Vereine etablieren. Die Verdienste der „vergangenen“ Topvereine wie FFC Frankfurt oder Turbine Potsdam werden trotzdem in der Geschichte des Frauenfußballs wertgeschätzt werden.

Beim VfL Wolfsburg zum Beispiel spielen sowohl die Frauen als auch die Männer auf höchstem (internationalen) Niveau. Wo sind strukturell die Unterschiede zwischen diesen beiden Bereichen – Frauen- und Männerfußball?

Die Frauen werden beim VfL Wolfsburg auf einem hohen Level wertgeschätzt. Auch bei Reisen genießen sie mit Charterflügen z.B. nach Barcelona oder Hotels der höchsten Kategorie denselben Komfort wie die Männer. Auch bei der Infrastruktur und der Manpower im „Staff“ holen die Frauen auf – gerade wurde ein neues Funktionsgebäude mit eigenem Gym und Trainingsplatz nur für die Frauen eröffnet.

Der größte Unterschied ist die öffentliche Wahrnehmung – die ist insgesamt bei den Frauen deutlich schwächer. Bei den Männern ist die Fanbase größer. In den Medien wird immer zuerst die Männermannschaft gezeigt. Wobei auch hier die Tendenz dazu übergeht, immer mehr Events und Shootings mit Männern und Frauen gemeinsam zu machen. So wird die Präsentation des neuen Trikots jetzt immer gemeinsam mit den Männern durchgeführt. Gerade die Professionalisierung des Frauenfußballs in England hat in den letzten Jahren nochmals richtig Schwung in die Sache gebracht.

Ihre erste Station als Cheftrainerin im Profifußball hatten Sie in der Schweiz. Wie ist das Verhältnis zwischen Frauen- und Männerfußball dort?

Fußball ist weder bei Frauen noch bei Männern die „Nummer 1-Sportart“. Die Konkurrenz z.B. durch Eishockey ist groß. Im Vergleich zu Deutschland ist der Frauenfußball tendenziell nochmals ein paar Jahre hintendran. Dennoch geht es in der Frauenliga in großen Schritten vorwärts. Dass der Männer-Traditionsverein Grasshoppers Zürich (GC) in den Frauenfußball investiert hat, hat der Liga nochmals einen Ruck gegeben und sie wachgerüttelt. So viele Transfers wie in diesem Winter gab es noch nie. Das ist eine absolut positive Tendenz.

Was Frauen in Führungspositionen im Rahmen (Männer-)Fußball angeht – sind sie in der Schweiz hingegen sehr viel offener und weiter als in Deutschland.

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